Meine Geschichte mit Nikon läuft schon seit den 80er Jahren. Bei der letzten Durchsicht meines Asservatenschranks fiel mir meine alte Nikon F801s in die Hände. Dabei ist mir die folgende Reise aus den 90ern wieder in den Sinn gekommen. Eine Reise mit vielen Erinnerungen! Damals war ich einem XT-500 Motorradclub in Berlin. Einer der Vorstände war bereits öfters mit seiner umgebauten XT-500 in der Wüste, und gerade plante er wieder eine seiner Reisen dorthin. Das stachelte mich an und kurz gesagt, haben ich und ein paar Leute sich dieser Reise angeschlossen. Ich hatte damals nur eine SR-500, die Straßenversion von Yamaha. Also musste kurzerhand eine Enduro XT-500 her. Die Entscheidung ist mir leicht gefallen, da ich schon immer eine XT haben wollte, ein richtiges Männerbike eben ;o)…
Die XT-500 war, in einem guten Zustand, nicht so leicht zu bekommen. Bereits in den 80er Jahren hatte sie einen gewissen Kultstatus. Aber durch unseren XT Club wurde eine gefunden. Ich musste sie jetzt nur noch wüstentauglich machen. Das hört sich einfach an, aber was da auf mich zukam überstieg doch die erste Euphorie. Als erstes hieß es jetzt die Karre komplett zerlegen, den Rahmen pulvern, dann den Motor überarbeiten (neuer Kolben, Zylinder und Kopf). Da die XT für meine Körpergröße fast ein Kinderfahrrad ist, musste ich auch noch an die äußere Substanz. Neue Kastenschwinge, 80er Bilstein und eine neue Gabel (die Gabel war am Ende das Schwierigste). Hinten hoch und vorne original geht gar nicht. Es musste die um einiges längere Gabel von der älteren Yamaha TT Version her, doch dieses Bike war noch rarer als die XT. Letzendlich konnten wir auch die auftreiben. Nun noch Kabelbaum instand setzen usw. am Ende war es ein echtes Projekt wie man es aus dem Fernsehen kennt, und das alles innerhalb von 8 Wochen!
SR-500 & XT-500 Motorradclub
Nachdem wir alle Teile zusammen hatten, ging es ans zusammenbauen. Das ging am Ende am schnellsten, hierbei profitierte ich von den Erfahrungen des Kollegen. Nun mussten wir noch die Problematik mit der Kühlung lösen. Die Luftkühlung der XT würde bei den geringen Geschwindigkeiten auf sandigem Untergrund nicht ausreichen. Also mussten wir uns jetzt noch etwas einfallen lassen, um einen Ausgleich zur Luftkühlung zu finden. Hierzu haben wir uns einen Ölkühler aus dem Citroën 2CV besorgt, auch „Ente“ genannt. Dieser war einfach und klein genug für die XT Öl Versorgung.
Die XT war fertig, komplett gepulvert und Motor überholt. Jetzt war noch das Problem mit dem Tank und dem Gepäck. Es musste noch ein großer Tank her, da ich einen seltene XT mit Alutank gekauft hatte und diesen nicht verschrotten wollte. Dazu das Problem mit dem Gepäck, die Standard Gepäckträger sind absoluter Müll für die XT. Die XT hat nicht umsonst den Beinamen Dampfhammer. Die meisten Anbauten vibrieren einfach ab, also ein Gepäckträger, Marke Eigenbau musste her. Die Zeit war knapp…
Nach fast 8 Wochen Umbau sah das Ergebnis dann am Ende ungefähr so aus…
In der Zwischenzeit haben andere Wind von unserer Reise bekommen, wie sich herausstellte hatten sie das gleiche Ziel: eine Wüstentour. In dieser Gruppe waren ein umgebauter 4×4 MAN Truck und ca. 10 Range Rover.
Star Wars – Krieg der Sterne –> habt ihr es gewusst? Ein Grossteil der Namen in der Star Wars Trilogie haben Ihre Herkunft in Tunesien & Algerien wie z.B. Tataouine
Die Reise geht los… es lagen 8 Wochen Wüste und ca. 10.000Km Strecke vor uns…
Jetzt musste das Problem gelöst werden wie wir unsere Motorräder bis nach Genua Italien bekommen. Nach vielen Gesprächen konnten wir dann unsere Motorräder auf einen Anhänger des MAN Truck stellen, der unsere XT’s nach Genua mitnahm. Der Truck musste dann von Genua weiter nach Sizilien und von dort nach Tunis. War günstiger für ihn! Wir sind dann zu zweit mit meinem ganzen Stolz, meinem getunten Golf GTI 16v mit 180 PS von Berlin nach Genua gefahren. Die anderen waren bereits im Truck mitgefahren. Das war schon ein Erlebnis – mittags von Berlin gestartet und morgens um 3 Uhr angekommen. Bitte nicht rechnen, ich kann nur sagen wir haben’s brennen lassen!… Wir waren jung…
Am nächsten Morgen sprachen uns dann zwei Camper an, dass wir ganz schön Gas gegeben haben mussten. „?“ wir wussten nicht was sie meinen und woher sie es wussten. Sie haben uns nur auf die Auspuffrohre aufmerksam gemacht, die nunmehr weiß und nicht schwarz waren, und voller Ruß… Gott was waren wir stolz!
Der Truck trudelte langsam ein, wir haben die Bikes vom Hänger geholt. Da der Truck all unsere anderen Sachen an Bord hatte und wir uns auf der tunesischen Seite treffen wollten, mussten wir jetzt die Bikes so mit Gepäck beladen, dass wir ein paar Tage zurechtkamen. Wir hatten jetzt noch 2 Tage, um uns die Zeit in Genua zu vertreiben. Mitte Oktober ist es in Genua bereits recht kalt, aber die Sonne schien, also runter an den Strand. Dort haben wir eine Hafenbar gefunden hier haben wir uns Zeit mit ein paar Drinks vertrieben.
Unser Campingplatz in Genua, wir sind mit den ersten vorbereitungen für die überfahrt beschäftigt.
Die Überfahrt von Genua nach Tunis
An der Fähre angekommen, wurden wir auf das Motorraddeck geleitet, wir waren nicht die einzigen. Es waren einige Motorradclubs unterwegs, die uns doch recht belächelten. Wir hatten unserem Dampfhammer frisiert auf ca 50 PS und die mit ihren KTM’s Sahara Versionen hatten ca. 80 PS unter’m Hintern. Die waren schon Klasse, pure Leistung, aber die Typen haben wir dann nur noch Papagallo’s genannt. Gemusterte Klamotten & Ton in Ton vom Helm bis zu den Stiefeln abgestimmt auf ihre Karren, Papagallo’s eben. Wir dagegen ein bunter Haufen mit alten Karren und damaligen Armee-Funktionsklamotten.
Die Überfahrt erwies sich alles andere als ruhig, wir hatten richtigen Seegang, den Rest erspare ich euch.
In Tunis angekommen hieß es jetzt erstmal Kilometer machen und die anderen treffen. Die Fahrt bis dorthin gestalte sich langweilig: kerzengerade Straßen, wüstenähnliche Savanne, hin und wieder ein Örtchen zum tanken.
Das erste Ziel war Gabes, dort haben wir uns dann zum ersten mal für 2 Tage niedergelassen und auf den MAN Truck gewartet. Wir wollten am Strand erste Sanderfahrungen sammeln. Vorweg: wir waren nicht die einzigen am Strand mit Motorfahrzeugen, aber die einzigen die so dumm waren und versuchten, einen Flusslauf zu durchqueren. Wir also erst zu Fuss zum testen und dann mit Vollgas durchs Wasser. Wir sind natürlich stecken geblieben, allesamt, nur ich mal wieder vorneweg: die Karre stand bis zu den Blinkern im Wasser, der Motor lief noch, aber die Karre blubberte nur noch vor sich hin. Killstop gedrückt und runter vom Bock. Der stand wie eine Eins. Alle Bikes mit vereinten Kräften aus dem Wasser gezogen, meine war am tiefsten drin. Zurück am Strand hieß es jetzt erstmal das Salzwasser rausbekommen. Es lief aus allen Löchern, also erstmal hoch aufs Hinterrad, damit es aus dem Auspuff lief. Dann war ein Ölwechsel am Strand angesagt. Wir hatten alles dabei: Schraube auf und das Öl in den Behälter. Es lief und lief… so ein Misst jetzt kam Wasser, das sah nicht gut aus! Ich denke, ich muss keinem von euch erklären was Wasser bedeutet, wenn es aus der Ölablaufschraube rausläuft. Das fing ja gut an – also warten bis alles raus war, dann oben frisches Öl rein zum Spülen, dann den Kickstarter ein paar Mal durchtreten, um auch hier das ganze Wasser rauszubekommen, und warten bis unten das frische Öl rausläuft. Neuen Ölfilter rein, Öl auffüllen. Jetzt das Gleiche mit dem Vergaser. Es wird spannend. Was soll ich sagen, die Karre sprang sofort an!! XT-500 was für ein Bike, die läuft immer. Wahnsinn! Wir haben das Öl dann zur Tankstelle gebracht. Und was macht der Typ? Nimmt unsere Flasche, geht hinter die Tankstelle, kippt sie im Sand aus und bringt uns die leere Öl Flasche zurück?! Weitere Kommentare dazu spare ich mir jetzt!
Von Gabes ging’s dann weiter nach Matmata und weiter zum Chott el Djerid. Das Chott ist ein versandetes Meer und hat teilweise eine Oberfläche wie ein Salzsee. Mit hoher Geschwindigkeit kann man auf dem Salzsee fahren, wer zu langsam ist sinkt ein und bleibt zwangsläufig stecken. Hier waren wir nicht die Ersten!
Nachdem wir uns die Zeit am Salzsee vertrieben hatten, suchten wir uns eine Stelle gesucht an der wir allem campieren konnten. Wir sind dann aus dem Salzseegebiet raus und einen kleinen Sandweg abseits der Straße dem MAN Truck gefolgt. Da ist es passiert: wir glaubten nicht mehr im „Chott el Djerid“ drin zu sein, aber als der MAN 4×4 um eine Reifenbreite neben dem festgefahrenen Sandweg fuhr, war Ende… wir sind stecken geblieben… die folgenden Bilder sprechen für sich…
Wir haben tagelang gebuddelt, erst vorne dann hinten usw…. wir haben uns beim Schaufeln abgewechselt. Zum Zeitvertreib fuhren wir immer wieder mal in die Dünen und ins Nachbardorf um nach Hilfe zu suchen. Hier möchte ich die Gastfreundschaft der lokalen Bevölkerung erwähnen. Bei einer Familie haben wir sogar übernachtet! Kurz gesagt: die ganze Gegend wusste dann irgendwann von unserem Dilemma. Wir wurden von der lokalen Bevölkerung mit Wasser und Datteln in Mengen versorgt. Die Leute sind extra zu uns gefahren, Tag und Nacht hatten wir Besuch und wurden bewirtet. Es war der Wahnsinn, sowas zu erleben. Das hat mein Leben verändert!
Irgendwann war sogar der Bürgermeister extra bei uns und hatte Hilfe versprochen. Am nächsten Tag war es dann soweit, erst kam ein Trupp LKW’s vorbei, die wollten aber auch nicht so richtig und hatten Angst um ihre LKWs. Da wir die Idee hatten, nach vorne raus zu fahren, hieß das, dass ein LKW an unserem MAN vorbeifahren musste um dann zu ziehen. Der LKW-Fahrer wollte nicht so recht und bot stattdessen an, genau in die andere Richtung zu ziehen: also haben wir das Heck freigebuddelt. Der LKW zieht und dann! Seht selbst…
Jetzt sah das Ganze noch schlimmer aus, die Lkw’s sind wieder weitergefahren und haben uns stehen lassen. Mittlerweile machten wir miese Scherze, wie etwa: häng doch ein Schild mit ‚Verkaufe Currywurst‘ dran, die Fenster waren ja bereits auf Gehweghöhe. Das hob nur zeitweise die Stimmung und es konnten wie erwartet, nicht alle drüber lachen…
Wir buddelten immer weiter und tiefer. Am nächsten Tag war erneut Rettung in Sicht, jetzt kam ein Radlader und ein Motorgrader (Name dank Google) vorbei. Auch diese wollten nicht nach vorne ziehen, also mussten wir rückwärts raus. Der Radlader zog und in der Zwischenzeit hatte sich beim Drehen auch der Motorgrader im Salzsee festgefahren. Jetzt musste der Radlader erstmal den Motorgrader bergen, bevor er uns weiterhelfen konnte. Die hatten genau ein Stahlseil dabei, ca. 4cm dick.
Es wurde mittlerweile wieder Nacht. Alle halfen mit, jeder hatte Ideen wie man am besten ziehen muss…. das sah dann zeitweise so aus…
Ich weiss nicht wie ich es genau sagen soll, aber die Hoffnung schwand. Doch wir gaben nicht auf, solange das Stahlseil hielt. Das war unsere Devise.
Ich will es nicht so spannend machen, irgendwann hatten wir es geschafft! Die restliche Nacht verbrachten wir dann alle zusammen an der Straße.
Irgendwo auf der Strecke hatten wir uns dann extra Permits für Algerien besorgt, da wir vorhatten auf der Strecke ein militärisches Gebiet zu durchqueren. Ich kann euch nicht mehr sagen wie und wo; nur dass wir Permits brauchten und diese jetzt hatten. Das wird später nochmal wichtig.
Es konnte weitergehen. Fast. Jetzt hatten wir das nächste Problem. Till hatte in seiner XT vergessen einen Luftfilter einzubauen, oh Mann!. Bei unseren Wüsten- und Dorftouren hatte er sich so viel Sand reingezogen das die Karre nicht mehr ansprang. Was jetzt? Der MAN Truck hatte hinten eine Hebebühne mit einer eigenen Werkstatt. Also Bühne runter, Motor raus, aufmachen, Zylinderkopf runter, Kolben raus. Das Problem war gefunden, der Sand im Motorraum ist bei der Hitze zu Glas geschmolzen. Jetzt das Glas mit roher Gewalt vom Kolben und den Kolbenringen lösen, neue Ringe rein und wieder zusammenbauen. Wir hatten fast alles dabei, nur keine neue Zylinderdichtung. Egal, wird schon. Hier zeigt sich der grosse Vorteil eines Einzylindermotors – mit wenigen Handgriffen war fast alles bewältigt. Die Zylinderdichtung wurde mit viel Flüssigdichtung versehen. Und zu das Ding. Motor rein. Das wars. Zündung wurde nach Gefühl eingestellt, mehr war nicht drin. Die Karre lief wieder, Spitze! Hierzu noch ein Nachsatz: versucht das mal mit einer KTM Sahra Version, viel Spaß dabei!
Auf der Karte findet ihr die ungefähre Strecke, die ich anhand der Namen halbwegs noch in Erinnerung habe. An der höchsten Düne Tunesiens nächtigten wir. Von der dort hatten wir einen 1 a Überblick.
Zurück auf der Strecke hatte ich dann einen Platten. Jetzt hieß es flicken. Toll, das bei diesen Stollenreifen. Ich denke, einige wissen was ich damit meine. Das Ganze nur mit kleinstem Reifenwechselwerkzeug, egal…
Der Morgen nach dem Reifenwechsel, irgendwo im nirgendwo, volle Fahrt weiter…. Irgendwie war ich jetzt dran, meine neuen Bilsteins fingen an zu ölen. Auf der Wellblechpiste dann, irgendwann bei voller Fahrt, machte das Hinterrad Sätze… und ich bin dann bei voller Fahrt über den Lenker abgestiegen. Oh Mann, Lenker krumm. Mit Bannat Riemen alles wieder zusammengeflickt. Die Bilsteins hatten wir mit den Bannat Riemen auf Spannung gebracht, damit diese nicht mehr so schwingen.
Der nächste Tag endete so wie dieser begonnen hatte, bei mir natürlich. Irgendwo, nachdem wir uns für eine Strecke vom Truck getrennt hatten, blieben wir stehen und genossen die Aussicht. Oh nein, die Karre springt nicht mehr an. Nach ungefähr einer Stunde Kickstarter treten gab ich auf. Ich hatten einen Verdacht, konnten aber nichts machen, denn der Treffpunkt mit dem Truck lag noch ca. eine Stunde Strecke entfernt. Jetzt war ich dran mit den Witzeleien: lass doch die Karre hier, mach nen GPS Punkt und hole sie irgendwann wieder ab! Für mich war das keine Option, hatte ich die Karre doch gerade erst gekauft und umgebaut. Jetzt kam Rene auf die Idee abzuschleppen! Ja richtig gehört. Habt ihr schon mal versucht ein Motorrad im Sand abzuschleppen? Nein, ich auch nicht! Hintergrund zu Rene, er war bereits mehrfach an der Marlboro Trophy beteiligt. Mehr muss ich wohl dazu nicht sagen, nur solche Menschen kommen auf so idiotische Ideen …egal. Rene hatte immer einen Spanngurt an seiner BMW. Also, Spanngurt an der BMW festgemacht, bei mir um den Lenker gewickelt und das Ende mit einer Hand festgehalten, so dass ich zur Not den Spanngurt loslassen kann. Heisst, mit einer Hand Motorrad fahren. Nur zu Erinnerung wir sind in der Wüste, mit Sand unter den Felgen!
Am besten stellt man die Karre so ab, kurz Gas geben bis sich das Hinterrad einbuddelt, fertig!
Leider habe ich von dieser Aktion keine Bilder aber so viel sei gesagt, ich habe meine XT wieder mit Nachhause genommen! Irgendwann nachts waren wir dann am Treffpunkt angekommen. Jetzt hiess es mal wieder: Motor raus, Kolben raus, Glas abkratzen von den Kolbenringen. Leider war bei mir ein Ring gebrochen und wir hatten unseren Ersatz schon aufgebraucht. Was jetzt? Egal, irgendwie wieder rein damit, wird schon! Hierzu möchte ich den Erbauer des XT Motors auf ganzer Linie danken, der Motor ist der Hammer! Die XT lief wieder. Sie hatte jetzt zwar ein kleines Öl Problem und rauchte wie ein Nebelwerfer, aber sie fuhr. Mein Platz für den Rest der Reise war jetzt immer ganz hinten, als Letzter. Die Leistung war etwas weniger, aber es reichte um auf 100 kmh zu kommen. So wie mein Ölverbrauch jetzt war und die Karre qualmte, vermute ich ein 3:1 Gemisch!
Auch Rene hatte es dann mal erwischt und er musste an seine BMW ran, da die Batterie leckte, bedingt durch die ganzen Wellblechpisten. Bei einer BWM ist das tragisch – ohne Strom geht kein Anlasser mehr. Diese Probleme hatten wir mit unserem Kickstarter nicht!
Wir waren dann irgendwann im militärischen Sperrgebiet angekommen, sassen so auf ’ner Düne rum und hatten in der Ferne einen Truppentransporter erspäht. Ist eigentlich nicht besonders erwähnenswert, aber die Tatsache, dass auch die ein Problem hatten, machte es am Ende doch interessant. Es standen alle Soldaten hinter dem LKW und es hatte den Anschein, als wollten sie den LKW schieben bzw anschieben! Man glaubt es nicht, aber die haben tatsächlich den LKW angeschoben! Nachdem sie es geschafft hatten sind sie einfach eingestiegen und davongefahren. Was soll man dazu sagen. Man glaubt es nicht, wenn man es nicht selbst gesehen hat!
Der Rest der Reise verlief dann fast ohne weitere Zwischenfälle. Da uns die Kohle ausging, haben wir dann in Tunis alles vollgemacht was irgendwie Sprittauglich war. Wir sind dann zurück auf die Fähre, ich mit meinem qualmenden Nebelwerfer. Die Fähre war binnen Minuten vollgequalmt. Ach nee. Das Motorrad Team, das wir auf der Hinreise bereits getroffen hatten, war auch wieder da. Aber es waren einige Fußgänger dabei! Wir konnten es uns nicht verkneifen der Sache auf den Grund zu gehen. Fazit: die Hälfte aller Fahrer mit ihren ach so tollen KTM Sahara Versionen hatten Motorprobleme, wie wir, nur kann man bei so einer KTM nicht mal eben den Motor an Ort und Stelle reparieren. Es hatte sich dann herausgestellt, es war das Team Hinterreiter, mit Motorradfahrern, die im Jahr davor bei Paris-Dakar mitgefahren sind. Die geschrotteten KTM’s standen auf dem Service Truck, der dabei war. Sie zollten dann doch eine gewisse Anerkennung, dass wir gefahren sind und nicht aufs Schiff schieben mussten.
Zurück in Genua mussten wir jetzt wieder auf unseren eigenen Service Truck warten. Die Straßen in der Altstadt von Genua sind recht eng. Immer wenn ich irgendwo an einer Ampel stand dauerte es nicht lange bis die Gasse mit meinem stinkenden und qualmenden Nebelwerfer zugequalmt war. Hin und wieder kamen die Ladenbesitzer raus und hatten uns/mich schimpfend verteufelt und verjagt. Italien eben. Die Straßenkneipe am Strand hatte noch offen, oh Wunder, um diese Jahreszeit. Wir vertrieben uns wieder die Zeit.. Unser Service Truck kam endlich an, inkl. unseres gebunkerten, restlichen Benzins. Endlich! Noch einen Tag länger hätten wir uns nicht mehr über Wasser halten können. Es war die Zeit da hatte noch nicht jeder eine Kreditkarte. Und die eine die wir hatten, wollte uns kein Geld mehr geben! Wir hatten jetzt noch 1300km Autofahrt vor uns. Alle Klamotten raus und in der Service Truck und alle Kanister in den Kofferraum. Wir hatten noch nicht mal mehr Geld um die Maut in Italien zu bezahlen. Wir mussten jedes Mal irgendwelche Zettel ausfüllen dass wir das Geld nachträglich überweisen würden. Ja, ja klar machen wir…believe us!
Der Sprit hatte genau bis Bayreuth gereicht und wir waren bereits auf Reserve, was jetzt? Da ich mal 10 Jahre in Bayern, um genau zu sagen in Selb gewohnt hatte, war dies die einzige Chance. Wir also nach Selb in die Sonderbar zu meinen alten Freunden den Gastwirten Bernd und Ingrid. Bernd ist leider 2015 verstorben. Danke Bernd, wir alle vermissen dich und denken immer an das, was du uns hinterlassen hast, DANKE! Bei diesem Zwischenstopp traf ich dann meine Zukünftige! Sie hatte uns Obdach gewährt. Wir, die aus der Wüste gekommen sind, in Klamotten steckten, die seit langem kein Wasser gesehen hatten. Am nächsten morgen konnten wir duschen. Mussten wieder in die Klamotten rein, das macht keinen Spaß, das kann ich euch sagen. Dann konnten wir frühstücken! Sie hatte uns 100 DM geliehen, damit wir nachhause kamen. Noch heute bekomme ich folgendes zu hören: Ihr habt meine ganze Bude mit Sand verdreckt, überall war Sand, es hat noch Wochen gedauert bis der aus der Wohnung wieder verschwunden ist! Kein guter Start für das was folgen sollte. Es hat dann noch zwei weitere Jahre gedauert bis wir uns wiedergesehen haben. Heute sitzt sie noch immer neben mir. Ende gut, alles gut!
Zu guter Letzt, ich habe meine XT-500 noch immer. Nach dieser Reise war eine erneute Generalüberholung fällig, bis auf Sandstrahlen und Rahmen pulvern! Wenn ich heute hin und wieder an der XT-500 schraube finde ich noch immer irgendwo Sand aus der Wüste.
Wer einmal in der Wüste war, dem lässt sich nicht mehr los!
Inschallah (إن شاء الله,)
XT-500 & allgemeine Wüstentips
- keine O-Ring-Kette mit Öl drin. Nehmt die einfachste Kette, denn wenn Ihr eine O-Ring-Kette verwendet und der Sand schmirgelt und die Kette undicht wird, bleibt der ganze Sand durch das Öl hängen und schmirgelt noch mehr und schneller, Kettenriss droht!
- Im Sand fahren, heisst den Luftdruck in den Reifen verringern, die Traktion ist dann um einiges besser
- Im Sand anfahren, neben der XT stehen, ersten Gang rein, und anfahren, ab einer gewissen Geschwindigkeit aufspringen und Vollgas
- Schalten im Sand, kurz gesagt ohne zu kuppeln, die Gänge nach Gehör reinkloppen und Gas geben. Das ist wichtig im tiefen Sand!
- einen zweiten Satz Kolbenabstreifringe immer dabei haben
- einen Luftfilter einbauen, am besten keinen geölten, die verstopfen noch schneller, mehrmals täglich den Luftfilter kontrollieren und ausklopfen
- Ersatzkette für den Notfall inkl. Kettenschloss
- Ersatzhebel für Gang und Kupplung oder kurze Enduro-Versionen verwenden, sind aber ohne Straßen Zulassung. Aber wen interessiert’s in der Wüste ;o)
- Baudenzüge sind genauso anfällig für den Sand, immer dabeihaben, Kupplung und Bremszüge
- Ölfilter on mass, soviel wie es geht, ah und so viel Öl wie möglich mitführen
- Geschwindigkeit ist alles, in der Wüste fährt man erst ab ca. 80 kmh richtig entspannt im Sand, alles davor ist nur rumgeeiere und schlingern durch den Sand. Besser ist so um die 100kmh…
- wer kann sollte noch ein paar Stoßdämpfer dabei haben
- Stiefel mit Stahlkappe, Handschuhe, Endurohelm hat sich bewährt. Ich empfehle hier keine Lederkombi
- bei luftgekühlten Karren für ausreichend Kühlung sorgen: Anbauten entfernen und wenn möglich das Öl über einen separaten Ölkühler runterkühlen
- sinnlose Anbauteile abmontieren, geht nur kaputt, egal ob Straßenzulassung dadurch entfällt, in der Wüste kontrolliert zu werden halte ich für unwahrscheinlich
- Ersatzschlauch und Flickzeug, was sehr wichtig ist, die Feststellschraube am Ventil los drehen, damit der Schlauch sich bewegen kann, sonst reißt ihr euch das Ventil ab!
- Ersatzspeichen sollte man auch dabei haben, Felgen mit Speichen sind besser wie Gusseiserne, bricht eine, ist es vorbei. Bricht ne Speiche ist es egal
- Luftpumpe ist besser wie Patronen
- Dichtungsmittel und Lock Tide
- Seitenständer mit grosser Standplatte, sonst kippt die Karre im Sand um
Der wichtigste Tipp überhaupt: wer so eine Tour plant und abseits der Standardrouten fährt, sollte dies niemals alleine machen. Hier ist echter Teamgeist gefragt und man muss sich aufeinander verlassen können. Teamgeist ist alles!
FAZIT
In dem ganzen Artikel habe ich noch nichts zur Nikon F801s geschrieben. Dazu ist auch nicht allzu viel zu bemerken, die hier gezeigten Bilder sind mit der D850 abfotografiert von meinen auf Papier entwickelten Abzügen. Die Bildqualität hat nichts mit der Nikon Kamera zu tun. Meine Nikon F801s befand sich die ganze Zeit in einem Armee Munitionskoffer inkl. dem Sigma 70-200mm Teleobjektiv. Die Box war nur mit ein wenig Schaumstoff von einer alten ISO Matte gepolstert und montiert auf dem selbstgebauten Gepäckträger. Egal ob Wellblech Piste oder Sturz, sie hat alles überlebt und funktioniert noch heute einwandfrei. Ich denke, das sagt alles über die Nikon F801s aus. So wie meine XT-500 werde ich auch meine Nikon F801s niemals hergeben.
Ihr findet alle Bilder hier in der > Bildergallery
Posts
Testbericht – Nikon D850 & SIGMA – Tele-Zoom Objektiv 150-600mm F5-6,3 | Sport
Bezugsquellen
Fech Fech Sand –> Ist Sand der so fein ist das er wie Waser die Düne herunter läuft
Fech Fech Sand –> Youtube Paris Dakar 2015
Chott el Djerid –> versandetes Meer, ein Spatenstich und das Salzwasser ist wieder da
*) Mit einem @ gekennzeichnete Bilder oder Texte sind Links zu externen Partner-Links. Ihr unterstützt mich, wenn ihr darüber bestellt.
Hi Laurenc, schöner Bericht – wie letztens bei Vadi auf dem Hof. Ich fand den Besuch super – war ja längerer Abend. Er zieht jetzt definitiv weg, ist schon am packen. Peter und ich haben unsere XTs fertig und planen für nächstes Jahr ihn auf dem Land zu besuchen… viele Grüße aus Berlin – Christian
Hallo Christian, ja davon habe ich schon gehört, sehr schade! Will meine XT und SR auch wieder flott machen, mal lust in die Schweiz zukommen und ein wenig über die Berge zu fahren?
Liebe Grüsse,
Laurenc
Schöner Bericht. Mein Kumpel hatte auch ne XT 500, der hieß Ölfuss weil die Karre immer „am sicken“ war und ein Stiefel immer voll Öl war, da hab ich noch mit FM oder Nikkormat fotografiert.
Hallo Laurenc, super Abenteuerbericht, hat mir grossen Spaß gemacht ihn zu lesen. Was man nicht alles für verrückte Sachen macht in jungen Jahren. Schöne Ferien und bis bald Grüsse Andy
Gern geschehen, es war mir selbst ein Bedürfnis diese Reise endlich niederzuschreiben. Ich habe auch schon oft daran gedacht, dass zu wiederholen. Mein Neffe hätte auch Bock drauf! Lass uns das mal planen und sehen was dabei rauskommt. Vielleicht finden wir noch ein paar Mitstreiter?!
Und noch mal danke für den coolen Bericht, der die ganzen Erinnerungen wieder hochkommen lässt! Das war ne klasse Zeit und ich wünschte, wir könnten das alles noch mal wiederholen. Na vielleicht müssen wir alte Knacker uns alle mal einen Land Rover holen und einfach wieder losfahren!! Super, dass du auch so viele Bilder von meinem Mopped hochgeladen hast. 1000 Dank! LG Philip
Was für ein cooler Reisebericht!! Danke für diese Einblicke in die 90ziger!! Sehr cool!!